reisende:r
Registrieren
the empyrean
Lügen sind tröstlich. Die Wahrheit ist schmerzhaft.
— Rebecca Yarros, Flammengeküsst

Dieses Forum nutzt Cookies
Dieses Forum verwendet Cookies, um deine Login-Informationen zu speichern, wenn du registriert bist, und deinen letzten Besuch, wenn du es nicht bist. Cookies sind kleine Textdokumente, die auf deinem Computer gespeichert sind; Die von diesem Forum gesetzten Cookies düfen nur auf dieser Website verwendet werden und stellen kein Sicherheitsrisiko dar. Cookies auf diesem Forum speichern auch die spezifischen Themen, die du gelesen hast und wann du zum letzten Mal gelesen hast. Bitte bestätige, ob du diese Cookies akzeptierst oder ablehnst.

Ein Cookie wird in deinem Browser unabhängig von der Wahl gespeichert, um zu verhindern, dass dir diese Frage erneut gestellt wird. Du kannst deine Cookie-Einstellungen jederzeit über den Link in der Fußzeile ändern.


Sie ist mein Damals, mein Heute, wird mein für immer sein, egal, wie sehr wir uns verloren haben.
‐ Adelaide Mintz

Statistiken

04.03.2024
Registriert am
25.10.2024
Zuletzt online
25.10.2024
Letzter Beitrag
1
Inplayzitate
59
Inplay-Posts
19
Szenen insgesamt
186734
Geschriebene Zeichen
3165
Zeichendurchschnitt

Charaktere von Jule


Reiterin
21 Jahre alt
Ein Albtraum; schon wieder. Es ist der dritte diese Woche - hast dir geschworen, nicht mehr zu zählen, weil's keinen Unterschied macht, ob du ihnen Beachtung schenkst oder sie ignorierst. Sie sind da. Sie lassen dich aufwachen, schweißgebadet, und dich, vollgepumpt mit Adrenalin, stundenlang durch dein Zimmer laufen. Das hast du davon. Du weißt, dass du eigentlich nicht allein sein kannst, bist es daher auch selten. Schleichst dich mit deiner offenen Art, dem breiten Grinsen und deinem unverschämt guten Look im Reiterleder nur allzu leicht auf die Räume anderer Kadettinnen - hat nicht nur Nachteile, von den Atemzügen anderer in den Schlaf begleitet werden zu müssen; hast auch was davon. Könntest du wählen, wüsstest du, was dir lieber wäre. Mit deinen Gedanken allein sein zu können. Zweifel und Ängste zulassen zu können, ohne, dass sie dich gleich beherrschen - und dein Weltbild aus dem Gleichgewicht bringen.

Du bist hierfür geboren worden. Bist nicht erst Drachenreiterin geworden, als Yldro sich gebunden hat, sondern warst schon eine, als du angefangen hast, klare Gedanken zu fassen. Die ersten Schritte zu laufen, die ersten, undeutlichen Worte zu sprechen. Dir hat sich nie die Frage gestellt, wer oder was du anderes sein möchtest, dürftest, könntest. Hast von Kleinauf vieles gelernt: dass du eine starke Frau bist, die sich nur von Autoritäten etwas zu sagen lassen hat; die selbst eine von ihnen sein wird, wenn sie sich nur reinhängt. Dass alles andere nicht akzeptiert wird. Dein Leben hält wenige Überraschungen bereit: jedes Risiko ist kalkuliert, bist darauf vorbereitet, dass du dich eigentlich auf nichts vorbereiten kannst. Die Anzahl Dinge, die deine Welt bis auf ihre Grundfesten erschüttern können, ist übersichtlich: eigentlich bist da nur du selbst, die dir im Weg stehen könnte, wenn da mal wieder dieser Kloß in deinem Hals ist, oder die Kopfschmerzen unangenehm von innen an deinen Schädel klopfen. Wenn du nicht so konzentriert bist, wie du's sein solltest - und nicht so dankbar, wie du sein musst.

Denn: dein Leben ist perfekt. Genauso, wie du's dir immer hast vorstellen lassen vorgestellt hast. Kein Gefühl befreiender als der Wind, der durch deine Haare weht, wenn du auf dem Rücken deines Partners unter dem Himmel deiner Heimat fliegst; kaum ein Band stärker als das, das ihn und dich miteinander verbindet. Die Dinge haben sich gefügt, du hast dich gefügt, auch, wenn's mal schmerzhaft war. Auch, wenn du Freund:innen verloren hast. Auch, wenn du dich selbst verlierst - oder vielleicht auch nie so richtig gefunden hast. Würden wohl die bösen Zungen sagen, die behaupten, du wüsstest ja doch nicht, was du wirklich willst, wenn du nur nach dem lebst, was dir angesagt wird. Scheiß auf die - du weißt, was du willst. Ganz sicher.

Reiter
22 Jahre alt
Du bist kein schlechter Typ, ganz egal, wie sehr die Welt es dich glauben lassen will. Bist einer dieser Menschen, denen das Schicksal die Scheiße nur so entgegen wirft - und die irgendwie damit zurecht kommen müssen (und es mehr schlecht als recht tun, wenn wir ehrlich sind). Durftest live dabei zusehen, wie deine Eltern bei lebendigem Leibe verbrannt wurden. Hast nach dem Dreschen erfahren, dass es deinen Bruder sein Leben gekostet hat - weil er ‘n verdammter Idiot mit Aggressionsproblemen war, dem seine Existenz noch schlechter bekommen ist als dir. Hast das Mädchen, das du liebst gut findest, gehen lassen, weil du nicht der Richtige bist für sie. Weil sie jemanden braucht, der Geschichte schreibt - und nicht irgendwie dafür verantwortlich ist, dass (schlechte) geschrieben wurde. Nichts von dem, was du anfasst, wird zu Gold. Bist irgendwie durchschnittlich, gehst unter, stichst nicht heraus. Bist nicht mal auffällig genug, um auf dem Schirm irgendeines Irren in deinem Quadranten zu sein und das, obwohl du als Kind eines Rebellen gezeichnet wurdest. Also - ist schon ganz schön, nicht aufzufallen. Bist eh kein Typ für den Mittelpunkt, aber ‘n bisschen was reißen, das wär’s halt schon.

Hasst den Regen, weil er dich an all’ die stürmischen Tage erinnert, an denen du es dir mit deiner Familie im Wohnzimmer gemütlich gemacht hast; an die Geschichten, die du erzählt bekommen hast. An den Zusammenhalt und die Wärme, die dir vermittelt wurden. Hasst die Sonne, weil du das Gefühl hast, dass es blanker Hohn ist, wie sie am Himmel steht und auf dich herab lächelt. Sich über dich lustig macht. Die Welt ist in Ordnung, gibt Tage, an denen sie sich sogar so anfühlt, fuck, und du willst das nicht, weil du trauern solltest. Erwischt dich manchmal dabei, nicht unglücklich zu sein mit dem Leben, das du führst. Hast Momente, in denen du tatsächlich nach vorn schaust. Mit deiner Staffel lachen kannst, ohne, dass dir das Herz schwer wird. Hast Augenblicke, in denen du dich hier Zuhause fühlst. In denen die Art, mit der deine Staffelführerin neu gefundene beste Freundin das Licht in deinen Gedanken anknipst, dort Staub wischt und die Fenster aufreißt, um frische Luft reinzulassen, dich vergessen lässt, dass eigentlich nichts an dem Leben, das du führst, amüsant sollte. Ist nicht alles immer nur schlecht - weißt du auch; aber ist schwer für dich, das zuzulassen.

Denn du hast Gutes verdient. Weil du dein Bestes gibst. Wird von Tag zu Tag besser. Wird leichter, zu existieren, zu akzeptieren. Sind manche Tage ein zwei Schritte vorwärts, drei Schritte zurück, machst du an anderen einen riesigen Sprung. Musst kein Heilkundiger sein, um zu wissen, dass Wunden Zeit benötigen, um gänzlich zuzuwachsen. Ganz weggehen wird die Narbe nie, aber lernst, sie als das zu sehen, was sie ist: eine Erinnerung an etwas, dessen Schmerz in Vergessenheit gerät, in dem du einfach weitermachst. Einfach lebst.

Schriftgelehrter
21 Jahre alt
Aus dir wird mal jemand.Ein starker, junger Mann, der einmal die Schmiede seines Großvaters übernehmen wird, nachdem er jahrelang dem Militär des Königreichts Navarre gedient hat. Die zahlreichen Pläne für dein Leben wurden schon früh über deinen Kopf hinweg gemacht - deine Familie meint's nur gut, klar, und du selbst hast den Druck, der sich mit den Jahren auf deine Schultern gelegt hat, nicht einmal bewusst wahrgenommen. Bis sich eine Idee, die Idee in deinen Kopf gesetzt hat: du wirst Schriftgelehrter. Hast dich schon früh viel lieber mit Geschichte und Landkarten beschäftigt als mit verschiedenen Waffentypen und Strategien im Nahkampf. Hast deine Nase tief in Bücher gesteckt, für die du eigentlich doch noch viel zu jung warst; hast nur die Hälfte von dem verstanden, was in ihnen geschrieben stand, und bist doch aus jedem von ihnen sehr viel klüger hervor gekommen, als du hinein gegangen bist. Hast dein Talent nicht bewusst für dich behalten - bist nur lange untergegangen in den langen Schatten, die deine Familie als alteingesessene Einwohner der für ihre Schmiedewaren bekannten Kleinstadt Skyri warfen. Und das ist okay, für dich zumindest. Stehst ohnehin nicht gern im Mittelpunkt und bezeichnest dich ganz bereitwillig als Typ der ruhigeren Sorte.

Aus dir wird definitiv mal jemand - aber eben jemand ganz anderes, als ursprünglich erwartet. Als du deinen Eltern deine Entscheidung mitgeteilt hast, hat der Stolz in deiner Brust gebrüllt wie ein Raubtier. Spürst keine Ketten um deine Handgelenke, bist gern für sie da, unterstützt, wo du kannst - und doch hattest du das erste Mal in deinem Leben das Gefühl, eine Entscheidung nur für dich gefällt zu haben. Ein Schritt in Richtung Selbstständigkeit, auf den am Basgiath War College viele weitere folgen sollten. Ein bisschen Abstand zu deiner Heimat würde dir gut tun, das weißt du, selbst, wenn's dich schmerzt. Musst dein eigener Mensch werden, dich abnabeln, wenn du nicht irgendwann hilflos und verwirrt im Regen stehen willst. Und: du wächst. Mit jedem Tag entfernt von Zuhaus' ein Stückchen mehr. Kannst dich selbst verwirklichen, ganz ohne dich zu verlieren - ganz allein bist du nämlich nicht, wirst du niemals sein, weil du weißt, dass die Menschen, die du liebst, nicht nur in deiner Heimat, sondern auch in deinem Herzen sind (und weil du, na ja, gemeinsam mit deiner Cousine am BWC bist - tut aber nichts zur Sache, verfälscht die Lektion nicht, die du dir erteilt hast, als du die Sicherheit deiner Heimat hinter dir gelassen hast).

Sonstige
38 Jahre alt
Wenn du am frühen Mittag den Gastraum der Windstille betrittst, bist du meist allein. Die Zeit, die du nutzt, um ein letztes Mal mit dem feuchten Lappen über die Theke zu wischen und die letzten Vorräte zu verräumen, ist meist die einzige, die dir nur für dich und deine Gedanken bleibt - sind's nicht deine beiden Kinder, um die du dich kümmerst, dann um die Sorgen deiner Geschwister, die Konflikte deiner Freunde oder die alltäglichen Wehwehchen der Reisenden, die bei euch ihren Moment der Ruhe finden. Du bist immer da, für jeden, ob Tag, ob Nacht. Stellst bereitwillig deine eigenen Bedürfnisse hinter die anderer Menschen, weil du es so gelernt hast. Du bist sanft, offen und liebevoll; man kennt dich nicht anders. Dein Umfeld schätzt dich für das Lächeln, das du selbst in dunklen Stunden auf deinen Lippen trägst, für die stete Zuversicht und die Leichtigkeit, mit der du das Leben nimmst.

Du fühlst dich immer mehr wie eine Schauspielerin, bist schon lang nicht mehr du selbst. Die Frau hinter der Theke, die selbst dem unfreundlichsten Gast mit einem gut gelaunten Spruch auf den Lippen sein Gebräu serviert, die Frau, die einen alle Sorgen vergessen lassen kann, ist selbst voll von ihnen: was, wenn die Welt, in der du lebst, sich mit dem nächsten Augenaufschlag verändert? Was, wenn sie's schon längst getan hat? Dir ist's nicht möglich, mit den Scheuklappen, die deine Eltern sich für dich wünschen, durch die Welt zu gehen - liegt dir aber fern, ihnen Sorge zu bereiten, also machst du weiter, spielst deine Rolle bis zur Perfektion. Bist die unbekümmerte Tochter, Mutter, Schwester, Ehefrau und verdrängst die Zeit, in der du als Auszubildende Alchemistin im Wehrdienst tätig warst mit zwei weinenden Augen, wenn die Dunkelheit und Einsamkeit der Nacht es erlauben.

Nicht jeder kann die Welt verändern.
Warst noch ganz klein, als du das gelernt hast. Das einfache Volk ist nicht dazu gemacht, die Geschichtsschreibung in eine andere Richtung zu lenken. Heute bist du dir sicher: die Sorgen, die mit Kindern im militärischen Einsatz kommt, wollten deine Eltern viel mehr sich selbst als dir ersparen. Kannst es verstehen, jetzt, wo deine eigenen Kinder langsam älter werden - und hast dir ja doch geschworen, ihnen die Flügel zu geben, die sie benötigen, um zu wachsen. Ist nur noch dieser eine Schritt, den du gehen musst, um zu überwinden, was du jahrelang verinnerlicht bekommen hast - dieser eine Schritt, und dann tausend schwere weitere; kannst es schaffen, musst nur damit anfangen. Vielleicht nicht heute, aber dann morgen, und wenn nicht morgen, dann am Tag danach. Bekommst so langsam eine Ahnung davon, wie schwierig es ist, alte Muster zu durchbrechen, aber du arbeitest daran. Jeden Tag ein bisschen mehr, obwohl du weißt, dass ein bisschen nicht für immer genug sein wird.

Flieger
21 Jahre alt
Du lächelst. Schwach, vorsichtig, es erreicht deine Augen nicht, aber: sie sind da, die leicht angezogenen Mundwinkel, die Kanten deiner längst nicht mehr weißen Schneidezähne. Hast früh gelernt, dass Einstellung das halbe Leben ist; dass du den Kopf zwar in den Sand stecken, dich vergraben kannst, aber es kaum Sinn ergibt für den Weg, der sich ohne ertragbare Alternative vor dir dir erstreckt: Überleben. Fällst mal hin, nimmst mal zwei Hürden gleichzeitig mit Leichtigkeit. Legst dich auf die Nase, klopfst dir den Dreck von den blutigen Knien und läufst weiter. Du hast es immer geschafft, egal wie, irgendwie - und bist vielleicht nicht zufrieden mit der Route, die das Schicksal für dich wählte, aber musst ja doch hinnehmen, dass du als kleines Zahnrad im System deiner Existenz die Zügel nicht selbst in der Hand hast. Und das tust du, (fast) jeden Tag. Nicht immer aus voller Überzeugung, nicht immer mit der Kraft, die du dir wünscht, aber geklappt hat‘s immer. Schaffst es jeden Tag erneut, dich nur mithilfe kleiner Funken Hoffnung erneut in Brand zu stecken, den Ofen anzufeuern, die graue Rußschicht einfach wegzublasen.

Du gibst dir Mühe, egal, wie schwer es an manchen Tagen sein kann. Bist längst noch nicht da angekommen, wo du sein möchtest - wünscht dir Wärme, Zufriedenheit, irgendwann einmal ein Zuhause, das dich fühlen lässt, wovon Menschen in Büchern schreiben, in wehmutsbehafteten Geschichten erzählen. Ist schwierig, dein Leben zu bestreiten - und es wird nicht leichter. Da steckt eine Herausforderung hinter jedem dunklen Winkel der Straßen der Stadt, die du zu lang deine Heimat nanntest, ohne, dass sie eine andere war. Da ist Schmerz in so vielen Worten, so vielen Erinnerungen, dass du nicht immer weißt, wo du anfangen, wie du aufhören sollst. Du hast ganz schön viel erlebt. Himmel, Hölle. Aber: noch stehst du hier, auf zwei gesunden Beinen. Du hast‘s geschafft, immer, egal wie, irgendwie - das zählt.

Da ist diese Wut in dir. Ein Teil, den du hasst. Wut auf die Welt, Wut, auf deine Eltern. Sie brodelt unter deiner Haut, wartet nur darauf, ihr grässliches Feuer zu speien und das Wenige, das du liebst, woran du festhältst, in Schutt und Asche zu legen. Oh, Ajax. Ganz gleich, wie sehr du auch versuchst, dich zu ändern - bleibst am Ende ja doch nur der kleine Junge aus dem siffigen Vorort einer wohlhabenden Vorstadt, bleibst der Typ mit dem cholerischen Dad, der apathischen Mum. Akzeptierst so viel, aber nicht alles: die Haut, in der du steckst, deine Schwächen, deine Fehler, die Geschichte, die von deinen Narben und dem Dreck in deinem Gesicht erzählt wird. Kannst nicht leugnen, wer du bist, egal, wie sehr du‘s auch willst - und auch nicht, dass du nicht immer weißt, wie die Kontrolle funktioniert, die du mit aller Macht über dein Leben zu erlangen versuchst. Ganz ehrlich, nur unter uns, wir können‘s doch zugeben: du kommst nicht klar, nicht allein jedenfalls. Bist darauf angewiesen, dass andere dir ihre helfenden Hände reichen. Nicht wortwörtlich, aber metaphorisch - bist nichts ohne deine mentalen Stützen, bist immer am Rande der Explosion, ohne jemanden, der dein Feuer erstickt. Du reichst nicht aus. Nicht einmal für dich selbst. Was für eine beschissene Erkenntnis.

Reiterin
31 Jahre alt
Ungestüm rasen drei Paar Kinderfüße über die Holzdielen des kleinen aber gemütlichen Wohnhauses der Familie Wallace in Samara. Warst die laute, die wilde. Die, die sich nichts sagen ließ. Die, deren Namen im scharfen, strengen Ton über die Lippen ihrer Eltern kam, weil sie's für nötig hielten, deinen Tatendrang zu zügeln. Bist das älteste Geschwisterkind, das Vorbild. Diejenige, an der die anderen sich orientieren werden, ein Leitbild, und solltest mit gutem Beispiel voran gehen. Hast viele Jahre weder verstanden, was das bedeuten sollte, noch irgendetwas von den Pflichten, die deine Eltern dir auferlegten, ernst genommen. Rein zum einen Ohr, raus zum anderen. Hattest deinen eigenen Kopf, eine sehr genaue Vorstellung davon, wie du dir das Leben vorstellst - bist nicht die Erwachsene, nicht die Vernünftige. Hast dir schon damals trotz mehrfacher Warnung die Splitter in die Füße gehauen und die Knie aufgeschlagen, bist das Risiko eingegangen. Hast dich als dumm und unbelehrbar bezeichnen lassen, obwohl's schon immer Mut und Entschlossenheit waren, die in deiner Brust brüllten, stolz wie ein Löwe.

Hast deinen Willen nie brechen lassen von sinnlosen Ansprüchen - deine Eltern haben schnell gelernt, dass das Feuer in deinem Inneren nur schwer zu zähmen ist. Sie haben dich sein lassen, wer du bist. Immerhin in einer Sache wurdet ihr euch früh einig: eine Persönlichkeit wie deine würde in den Reiterquadranten gehören. Dass deine Eltern diese Zukunft auch für deine Geschwister sahen - und es nicht wirklich etwas persönliches, kein individuelles Kompliment an deine Fähigkeiten, war - wusstest du oft genug zu ignorieren. Hast ihre Erwartungen als Stolz gedeutet und alles dafür getan, irgendwann einmal erfolgreich über den Viadukt zu balancieren und drei Jahre harte Ausbildung zu überstehen, um auf dem Rücken eines Drachen die Wolken zu teilen. Hast dich den Wünschen und Erwartungen deiner Eltern bereitwillig gebeugt, weil sie mal nicht dem widersprachen, wer du warst. Hast - gefühlt - zwanzig Jahre deines Lebens mit Warten verbracht, hast die Aussicht auf das Basgiath War College als Motivation gesehen, als Antrieb - hattet nie das Geld, nie die Möglichkeiten für professionelles Training, aber hast alle Möglichkeiten genutzt, bis es endlich soweit war.

Seren Wallace. Eine von vielen Kadett:innen aus gewöhnlichen Kreisen, ohne besondere, militärische Vergangenheit. Reine Weste, kein Name, mit dem man irgendetwas verbindet - war ein guter Start für dich; bist aus den Schatten ins Rampenlicht getreten und hast alle überrascht. Wurdest von einem Niemand zu jemandem. Hast dich endlich gesehen gefühlt in deinem Tatendrang, in dem Sturm, der in dir tobte, in all' der Energie, die jahrelang unverstanden blieb. Basgiath wurde der Anfang von Etwas, das eine strahlende Karriere am Himmel werden könnte - war dir von Anfang an bewusst, doch anstelle von Druck war's eher ein konstantes Gefühl der Aufregung, das dich in deinen drei Jahren Ausbildung begleitete. Damals, als du noch nicht wusstest, dass aus werden könnte einmal hätte sein können werden würde; als du nicht nur Hoffnung hattest, sondern eine klare Aussicht direkt voraus.

Unangenehm pocht es hinter deiner Stirn, wenn du versuchst, nach Fragmenten deines Lebens zu greifen, die längst in der Vergangenheit liegen. Es ist vorbei. Du bist vorbei. Die Version der Seren, die wild und ungezügelt für sich und das einsteht, was sie erreichen möchte, gibt es nicht mehr. Wird heute regelmäßig ausgebremst durch die Grenzen, die das Schicksal ihr gezogen hat. Hast du dich auf dem Rücken deines Drachen einst allmächtig gefühlt, musstest du lernen, dass du es nicht bist. Bist heute doch nicht viel mehr als der Niemand, den du nach jahrelanger Arbeit endlich abgelegt hattest; schlimmer noch, bist nur noch der Schatten des Niemands, der du einmal gewesen bist. Hast die Karriereleiter nicht bezwungen, sondern bist abgerutscht; die Sprossen war'n instabil, bist metertief gefallen, auf dem Boden der Realität aufgeprallt.

Der Anblick im Spiegel ist ungewohnt. Allen, die dich kennen, steht die Verwirrung in den ersten Sekunden deutlich ins Gesicht geschrieben, bevor ein schräges Lächeln das Weg auf und ein "steht dir" den Weg über ihre Lippen findet. Dein Inneres spiegel dein Äußeres wider: radikale Veränderung ist es, was du durchgemacht hast, radikale Veränderung ist, was auch die Anderen sehen sollen. Bist nicht mehr die Seren von Früher. Dein langes, brünettes Haar ist gewichen. War im Weg, trug zu viel der Geschichte mit sich herum, mit der es dir schwer fällt, zu leben. Die Strähnen kitzeln nicht länger deinen Rücken; gehen dir nur noch bis knapp über die Schultern. Dunkles, fades Braun weicht strahlendem Wasserstoffblond. War eine dieser Nacht und Nebel-Aktionen, die niemand hinterfragt. Auch du selbst nicht. Hast dir selbst auch im Nachgang nicht die Gelegenheit gegeben, zu hinterfragen, ob's dir steht. Ist dein neues Ich. Konntest dir in vielerlei Hinsicht nicht aussuchen, wer du bist, kannst nicht zurück. Auch bei dieser, der am bisher wenigsten verhängnisvollen, Entscheidung nicht. Klingt endgültig, doch bist deiner neuen Erscheinung nicht hilflos ausgesetzt - gibt einen großen, bedeutenden Unterschied: hast sie, wenn auch nicht in vollem Bewusstsein, für dich selbst getroffen.

Powered by MyBB, © 2002-2024 MyBB Group • styled by Jule [ Customize Style ]
content by berrie & sophie • based on "the empyrean"-series by Rebecca Yarros