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the empyrean
Wer im Drachennest saß, sollte nicht mit.. naja, eigentlich mit gar nichts werfen, wenn man nicht im nächsten Moment gegrillt werden wollte.
Echo Malloy

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Das Ende der Rebellion war für mich nicht mehr als der Anfang vom Ende. Ab hier nur noch bergab, nur noch Talfahrt.
‐ Rhett Hansen

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Charaktere von Jule


Reiterin
21 Jahre alt
Ein Albtraum; schon wieder. Es ist der dritte diese Woche - hast dir geschworen, nicht mehr zu zählen, weil's keinen Unterschied macht, ob du ihnen Beachtung schenkst oder sie ignorierst. Sie sind da. Sie lassen dich aufwachen, schweißgebadet, und dich, vollgepumpt mit Adrenalin, stundenlang durch dein Zimmer laufen. Das hast du davon. Du weißt, dass du eigentlich nicht allein sein kannst, bist es daher auch selten. Schleichst dich mit deiner offenen Art, dem breiten Grinsen und deinem unverschämt guten Look im Reiterleder nur allzu leicht auf die Räume anderer Kadettinnen - hat nicht nur Nachteile, von den Atemzügen anderer in den Schlaf begleitet werden zu müssen; hast auch was davon. Könntest du wählen, wüsstest du, was dir lieber wäre. Mit deinen Gedanken allein sein zu können. Zweifel und Ängste zulassen zu können, ohne, dass sie dich gleich beherrschen - und dein Weltbild aus dem Gleichgewicht bringen.

Du warst schon immer anders. Schwierig anders: gibt gab nicht viele Menschen, denen du dein Vertrauen schenken konntest. Noch weniger Menschen, die dich mochten, freiwillig Zeit mit dir verbrachten. Warst schweigsam, in dich gekehrt, eine Beobachterin - hast dich bewusst zurückgezogen, keinen Gruppen angeschlossen. Deinen kleinen Kreis behalten - die Menschen, die dich so akzeptieren, wie du bist warst. Hast nicht gelacht, wenn andere es taten. Nicht verstanden, wenn etwas witzig war. Hast die Dinge, an denen Gleichaltrige Freude fanden, nur schwer nachempfinden können. Mit dir macht’s keinen Spaß, weil dir die Ernsthaftigkeit ins Gesicht gebrannt worden ist noch bevor du Laufen konntest. Weißt nicht, ob’s stimmt - aber war schon immer ein beliebter Scherz, der auf deine Kosten ging. Du hast irgendwann gelernt, wie die Stimmen von Menschen klingen, wenn sie etwas sagen, was sie nicht ernst meinen. Hast dich an den Tonfall gewöhnt und daran, welchen Knopf du drücken musst, um an den richtigen Stellen zu lachen. Hast gelernt, zu funktionieren. Nicht mehr teilnahmslos und kühl zu wirken, ob du dich im Inneren doch eigentlich so fucking lebendig fühlst.

Um die Richtung, in die der Weg deines Lebens dich führen wird, hast du dir nie Gedanken machen müssen - bist dankbar darum, dass der Weg in den Reiterquadranten für dich alternativlos war. Ein Problem, eine Frage weniger, die du dir hast stellen müssen. Tauscht die blauen Flecken, die brennenden Lungen und die bleierne Müdigkeit, die Stunden des Trainings dein Leben lang zu deinen treuen Begleitern machten, jederzeit ein gegen die Verantwortung, dein Leben planen zu müssen. Bist dir ohnehin ganz sicher: du willst das hier, mehr noch, bist gemacht worden für die Rolle, die du einnimmst. Kadettin, Staffelführerin, vielleicht Schwarm- oder Geschwaderführerin, wenn dein Weg von Erfolg gekrönt ist. Beißt die Zähne zusammen, atmest tief ein, tief aus - und hast Vertrauen. In dich, in deine Partnerin - ihre halb-durchsichtigen, orangefarbenen Flügel; ihr Feuer, euer Feuer, das unter deinen Fingerspitzen kitzelt. Gibt keinen Feind, den ihr gemeinsam nicht niederbrennen könnt, nur dich selbst, keine Angst, die größer ist als die Macht eurer Bindung. Bist genau an dem Ort, an den du gehörst. Hast es schließlich nicht anders gelernt.

Alchemistin
23 Jahre alt
Feine, schwarze Linien schlängeln sich um die Narben an deinem Rücken, deinen Armen - ziehen über deine Hand, bis hin zu den Spitzen deiner Finger. Hast diesem Teil deiner Geschichte eine neue Bedeutung gegeben, akzeptiert, dass die Wunden, die die Klauen des Greifs deiner Mutter dir zufügten, Teil von dir sind. Doch ist anders als damals, als du klein und unbeholfen warst, lässt dich heut nicht mehr von ihnen beherrschen, sondern beherrscht sie; mutig und selbstbewusst und erhobenen Hauptes, wie es sich für eine Yenoris-Frau gehört.
Hast den Stolz, Willen und deine Widerstandsfähigkeit von deiner Mutter geerbt. Anstatt diesen Teil an dir zu hassen, weißt du heute: konntest ihr nur deswegen entgegen treten, weil du bist wie sie; unnachgiebig, zäh. Hast die Pein schweigend ertragen, ihre Strafen, all’ den Druck auf dich genommen, ohne dich zu beschweren. Warst trotz Allem laut, hast dich nicht unterkriegen lassen, die Zähne zusammengebissen. Wurdest nicht zur Bestie, die sie heranziehen wollte. Hast ihr das Voraus - vielleicht ist das der Hauptgrund, aus dem sie dich verabscheut, aber macht nichts, verabscheust deine Mutter ebenso, ohne, dass du dich dafür schämst.

Ihre Vision von dir als Fliegerin erstarb am Tag Initiationstag des Jahres 631 vor den Toren des Alchemiequintanten. Bist der eiskalte Engel, den sie erschuf, doch vergräbst deine Hände nicht im Gefieder eines Greifen, sondern die Nase in Büchern über chemische Reaktionen und ihre Auswirkungen. Für alle - außer dich - kam diese Wendung überraschend. Den letzten Brief deiner Mutter, den du vor knapp zwei Jahren erhalten hast, hast du ungelesen verbrannt - und dabei gelächelt.

Bist nicht mehr die Alte - und das ist irgendwie gut so. Obwohl du das Mädchen, das hauptsächlich für andere statt seiner selbst stark sein wollte, vermisst, weißt du: es ist in Ordnung. Akzeptierst langsam, dass du nicht die Last der Welt auf den Schultern ertragen musst, dass du nein sagen kannst, ohne, dich schuldig zu fühlen. Dass du nichts von dem, das deinen Schwestern und dir widerfahren ist, zu verantworten hast; dass es nur einen Menschen gibt, dem du verpflichtet bist - dir selbst; auch, wenn du Lileth und Ceres so nah am Herzen trägst, dass sie Teil von dir sind, es immer bleiben werden, komme, was wolle. Dein Leben ist eine Reise, ein Prozess, stehst noch am Anfang - machst zwei Schritte vor, drei Schritte zurück; bist an einem Tag erfüllt von vorsichtiger Zuversicht, am nächsten dem Kern der Erde näher als dem Himmelszelt. Oh, scheiße, warum nur ist das Leben so schwer, warum nur fühlt’s sich an manchen Tagen an als wär’s nicht machbar, du selbst zu sein, nach vorn zu schauen - nur um am nächsten Tag in den Farben des Regenbogens strahlend hell zu glänzen? Weißt zwar den Sonnenschein gerade deswegen zu schätzen, weil du die Unwetter kennst, doch, bei den Göttern, ist genug der Niederschläge. Genug Schmerz für die Spanne eines Lebens. Du lernst, und lernst, und lernst, täglich - nicht nur an der Cliffsbane, sondern im Leben. Lernst, wer du bist, wer du sein kannst, wenn du dich lässt - und dein Gepäck auf dem Weg einfach vergisst. Schau nicht zurück, Eliene. Lass die Kettern hinter dir, die dich binden - leichter gesagt, als getan.

Reiter
22 Jahre alt
Du bist kein schlechter Typ, ganz egal, wie sehr die Welt es dich glauben lassen will. Bist einer dieser Menschen, denen das Schicksal die Scheiße nur so entgegen wirft - und die irgendwie damit zurecht kommen müssen (und es mehr schlecht als recht tun, wenn wir ehrlich sind). Durftest live dabei zusehen, wie deine Eltern bei lebendigem Leibe verbrannt wurden. Hast nach dem Dreschen erfahren, dass es deinen Bruder sein Leben gekostet hat - weil er ‘n verdammter Idiot mit Aggressionsproblemen war, dem seine Existenz noch schlechter bekommen ist als dir. Hast das Mädchen, das du liebst gut findest, gehen lassen, weil du nicht der Richtige bist für sie. Weil sie jemanden braucht, der Geschichte schreibt - und nicht irgendwie dafür verantwortlich ist, dass (schlechte) geschrieben wurde. Nichts von dem, was du anfasst, wird zu Gold. Bist irgendwie durchschnittlich, gehst unter, stichst nicht heraus. Bist nicht mal auffällig genug, um auf dem Schirm irgendeines Irren in deinem Quadranten zu sein und das, obwohl du als Kind eines Rebellen gezeichnet wurdest. Also - ist schon ganz schön, nicht aufzufallen. Bist eh kein Typ für den Mittelpunkt, aber ‘n bisschen was reißen, das wär’s halt schon.

Hasst den Regen, weil er dich an all’ die stürmischen Tage erinnert, an denen du es dir mit deiner Familie im Wohnzimmer gemütlich gemacht hast; an die Geschichten, die du erzählt bekommen hast. An den Zusammenhalt und die Wärme, die dir vermittelt wurden. Hasst die Sonne, weil du das Gefühl hast, dass es blanker Hohn ist, wie sie am Himmel steht und auf dich herab lächelt. Sich über dich lustig macht. Die Welt ist in Ordnung, gibt Tage, an denen sie sich sogar so anfühlt, fuck, und du willst das nicht, weil du trauern solltest. Erwischt dich manchmal dabei, nicht unglücklich zu sein mit dem Leben, das du führst. Hast Momente, in denen du tatsächlich nach vorn schaust. Mit deiner Staffel lachen kannst, ohne, dass dir das Herz schwer wird. Hast Augenblicke, in denen du dich hier Zuhause fühlst. In denen die Art, mit der deine Staffelführerin neu gefundene beste Freundin das Licht in deinen Gedanken anknipst, dort Staub wischt und die Fenster aufreißt, um frische Luft reinzulassen, dich vergessen lässt, dass eigentlich nichts an dem Leben, das du führst, amüsant sollte. Ist nicht alles immer nur schlecht - weißt du auch; aber ist schwer für dich, das zuzulassen.

Denn du hast Gutes verdient. Weil du dein Bestes gibst. Wird von Tag zu Tag besser. Wird leichter, zu existieren, zu akzeptieren. Sind manche Tage ein zwei Schritte vorwärts, drei Schritte zurück, machst du an anderen einen riesigen Sprung. Musst kein Heilkundiger sein, um zu wissen, dass Wunden Zeit benötigen, um gänzlich zuzuwachsen. Ganz weggehen wird die Narbe nie, aber lernst, sie als das zu sehen, was sie ist: eine Erinnerung an etwas, dessen Schmerz in Vergessenheit gerät, in dem du einfach weitermachst. Einfach lebst.

Reiterin
20 Jahre alt
Du bist die Jüngste von Fünf. Das einzige Mädchen. Die kleine Schwester, die Nachzüglerin. Eine Überraschung. Hättest eigentlich nicht sein sollen. Hast das so oft - liebevoll, “als gut gemeinter Scherz” - gehört, dass du irgendwann nicht einmal mehr das müde Lächeln hast aufrecht erhalten können, das vorgibt, sich nicht allzu viel aus einer Aussage wie dieser zu machen. Hättest eigentlich nicht sein sollen und wünscht dir manchmal, du wärst auch nicht geworden - das hätte dir nicht nur die seltsam unangebrachten Sprüche erspart, sondern auch so manch einen Kopfschmerz, den dein Leben mit sich bringt. Sorgen, Ängste, Unsicherheiten, die den Weg unter jedem deiner Schritte pflastern. Gehören zu dir, kannst sie nicht ablegen und weißt nicht, warum - wünscht dir so häufig, deine Brüder würden dir das Geheimnis ihres übergroßen Egos, ihres Ehrgeiz, verraten, doch hast den Versuch, von ihnen ernst genommen zu werden, längst aufgegeben. Bleibst die Kleine, die Unscheinbare - und fragst dich, wie genau sich die Erwartungen, die deine Familie an dich hat, mit diesem Bild vereinbaren lassen.

Beißt die Zähne zusammen, ignorierst den Schmerz in deinem Brustkorb, deinen Knien, blendest das Brennen deiner aufgeschlagenen Fingerknöchel aus. Darfst nicht versagen, nicht schon wieder. Darfst nicht zulassen, dass deine Brüder deine Tränen sehen, nicht schon wieder. Darfst dir keinen blöden Spruch, keinen mitleidigen Blick drücken lassen, nicht schon wieder. Klopfst dir die Hoffnungslosigkeit wie Dreck vom Leder deiner Trainingshose, schluckst dein Versagen hinunter wie bittere Medizin. ”Weiter.”, hörst du dich sagen, doch nicht nur Achilles erkennt, dass du’s eigentlich nicht so meinst. ”Weiter.” Nochmal. Lauter diesmal - und du nickst. Weiter, immer weiter - bis der Tag kommt, an dem du dein unsicheres Stolpern im Kostüm eines gut taktierten Ausfallschritt verkleiden kannst.

Die Dinge ändern sich nie, nicht für dich jedenfalls. Während die Welt um dich herum in stetigem Wandel ist, bleibst du stehen. Wirst nicht zurückgelassen, sondern entscheidest dich bewusst dagegen, mitzugehen. Veränderung macht Angst. Kommst schon so nur schwierig klar mit dem, wie’s ist, und noch weniger damit, wie es vielleicht sein könnte. Irgendwann, irgendwie. Irgendwo. Fühlst dich ganz wohl darin, keine Überraschung zu sein. Keine zu erwarten - weil jede Kleinigkeit droht, dich aus den Fugen zu hauen. Dinge wie zu erfahren, dass dein Bruder nicht wirklich dein (ganzer) Bruder ist; oder die Tatsache, dass deine Eltern sich dazu entschlossen haben, ein Separatistenkind in die Familie aufzunehmen, um ein bisschen Ansehen, Wohlwollen (und Geld) abzustauben. Hm. Dafür, dass die Dinge sich nie ändern, tun sie’s überraschend oft, und überraschend oft hast du’s jedes Mal überstanden. Wie auch immer.

Fliegerin
24 Jahre alt
Lehnst dich zurück, beobachtest schweigend das Treiben um dich herum. So viele Menschen. Gehetzte Schritte auf Steinboden, Stimmengewirr, Gerüche und Eindrücke. Gedanken. Für die Großstadt bist du nicht gemacht, vermisst an der Cliffsbane Akademie, an der du direkt nach deinem Abschluss stationiert worden bist, abgesehen von deiner Familie und deinem verloren gegangen, inneren Frieden hauptsächlich eines: die Stille. Vermisst es, die Füße hochzulegen, bei einem heißen Minztee ein gutes Buch genießen zu können, ohne dauerhaft mit einem Auge woanders zu sein.

Dein Leben war ruhig. Verlief in geregelten Bahnen. Würdest deinen Wehrdienst einmal in Form einer Ausbildung zur Historikerin ablegen, Schriften studieren, nicht lang fort sein von dem Frieden, den nur deine Heimat dir bieten kann. Dein Plan war simpel: nach Haugstead zurückkehren, irgendwann einmal die Farm deiner Eltern übernehmen und mit ebenso viel Aufopferung leiten, wie sie es vor dir taten. Würdest da sein, wenn die Krone dich braucht, doch niemals mehr als das.
Bis es anders kam. Natürlich. Heute hast du dich daran gewöhnt, dass das Leben nicht kalkulierbar ist. Dass geregelte Bahnen nicht mehr sind als eine Abfolge glücklicher Zufälle, so, wie sich das Gegenteil schier wahllos eintritt. Das Schwert in Zihnals Händen ist zweischneidig, die Anwesenheit von Glück eine Nebenwirkung der Existenz des Pechs, ohne Licht keine Schatten, ohne Schatten kein Licht. Hast deine Lektion auf die harte Art gelernt, durch eine Aneinanderreihung von Missständen, die dich in den letzten Jahren heimsuchten, von Schmerz und Wut und -

Lass dich nicht runterziehen. Nicht von dem, was dir widerfahren ist, noch von dem Ausblick auf das Ungewisse. Hast bewiesen, dass du es bezwingen kannst, dort im Flieger:innenquintanten, der dich nicht hat kommen sehen (und du ihn auch nicht). Wurdest ausgebildet für einen Krieg, den du eigentlich nicht führen willst - zu keiner Grenze hin - und bist dennoch verpflichtet fürs Leben. Bereuen tust du nichts, und das, obwohl du in pedantischer Regelmäßigkeit den Blick auf die Vergangenheit richtest. Machst ne Kerbe in den Bettpfosten für jeden Menschen, den du nicht aufhören kannst zu vermissen, und zählst sie wie Schäfchen, wenn du nachts nicht schlafen kannst. Du hast gelernt, was in dir vorgeht zu bewältigen. Lernst es eigentlich noch immer, wirst besser darin, bist fast gut. Der Sturm überkommt dich nur noch selten - und wenn, dann hast du ein Paar Flügel unter dir, das dich schier mühelos hindurch trägt.

Flieger
21 Jahre alt
Du lächelst. Schwach, vorsichtig, es erreicht deine Augen nicht, aber: sie sind da, die leicht angezogenen Mundwinkel, die Kanten deiner längst nicht mehr weißen Schneidezähne. Hast früh gelernt, dass Einstellung das halbe Leben ist; dass du den Kopf zwar in den Sand stecken, dich vergraben kannst, aber es kaum Sinn ergibt für den Weg, der sich ohne ertragbare Alternative vor dir dir erstreckt: Überleben. Fällst mal hin, nimmst mal zwei Hürden gleichzeitig mit Leichtigkeit. Legst dich auf die Nase, klopfst dir den Dreck von den blutigen Knien und läufst weiter. Du hast es immer geschafft, egal wie, irgendwie - und bist vielleicht nicht zufrieden mit der Route, die das Schicksal für dich wählte, aber musst ja doch hinnehmen, dass du als kleines Zahnrad im System deiner Existenz die Zügel nicht selbst in der Hand hast. Und das tust du, (fast) jeden Tag. Nicht immer aus voller Überzeugung, nicht immer mit der Kraft, die du dir wünscht, aber geklappt hat‘s immer. Schaffst es jeden Tag erneut, dich nur mithilfe kleiner Funken Hoffnung erneut in Brand zu stecken, den Ofen anzufeuern, die graue Rußschicht einfach wegzublasen.

Du gibst dir Mühe, egal, wie schwer es an manchen Tagen sein kann. Bist längst noch nicht da angekommen, wo du sein möchtest - wünscht dir Wärme, Zufriedenheit, irgendwann einmal ein Zuhause, das dich fühlen lässt, wovon Menschen in Büchern schreiben, in wehmutsbehafteten Geschichten erzählen. Ist schwierig, dein Leben zu bestreiten - und es wird nicht leichter. Da steckt eine Herausforderung hinter jedem dunklen Winkel der Straßen der Stadt, die du zu lang deine Heimat nanntest, ohne, dass sie eine andere war. Da ist Schmerz in so vielen Worten, so vielen Erinnerungen, dass du nicht immer weißt, wo du anfangen, wie du aufhören sollst. Du hast ganz schön viel erlebt. Himmel, Hölle. Aber: noch stehst du hier, auf zwei gesunden Beinen. Du hast‘s geschafft, immer, egal wie, irgendwie - das zählt.

Da ist diese Wut in dir. Ein Teil, den du hasst. Wut auf die Welt, Wut, auf deine Eltern. Sie brodelt unter deiner Haut, wartet nur darauf, ihr grässliches Feuer zu speien und das Wenige, das du liebst, woran du festhältst, in Schutt und Asche zu legen. Oh, Ajax. Ganz gleich, wie sehr du auch versuchst, dich zu ändern - bleibst am Ende ja doch nur der kleine Junge aus dem siffigen Vorort einer wohlhabenden Vorstadt, bleibst der Typ mit dem cholerischen Dad, der apathischen Mum. Akzeptierst so viel, aber nicht alles: die Haut, in der du steckst, deine Schwächen, deine Fehler, die Geschichte, die von deinen Narben und dem Dreck in deinem Gesicht erzählt wird. Kannst nicht leugnen, wer du bist, egal, wie sehr du‘s auch willst - und auch nicht, dass du nicht immer weißt, wie die Kontrolle funktioniert, die du mit aller Macht über dein Leben zu erlangen versuchst. Ganz ehrlich, nur unter uns, wir können‘s doch zugeben: du kommst nicht klar, nicht allein jedenfalls. Bist darauf angewiesen, dass andere dir ihre helfenden Hände reichen. Nicht wortwörtlich, aber metaphorisch - bist nichts ohne deine mentalen Stützen, bist immer am Rande der Explosion, ohne jemanden, der dein Feuer erstickt. Du reichst nicht aus. Nicht einmal für dich selbst. Was für eine beschissene Erkenntnis.

Reiter
22 Jahre alt
Was “Zuhause” ist, was Heimat bedeutet - hast längst aufgehört, dich das zu fragen. Der Standort deiner Familie hat sich so häufig geändert, dass du irgendwann aufgehört hast, zu zählen. Die großen Städte des Landes haben ihren besonderen Eindruck auf dich längst verloren. Wenn’s kaum jemanden gibt, der konstant in deinem Leben bleibt, vor wem sollst du dann damit angeben, dass Calldyr Stadt, Montserrat, selbst Aretia in der Vergangenheit zu den Orten gehörten, an denen deine Eltern ihr metaphorisches Zelt aufgeschlagen haben? Hast so viel von Navarre gesehen, könntest ein junger Mann von Kultur sein, so viel deines Heimatlandes in dir vereinen - und doch fühlt sich all’ das bedeutungslos an, wenn’s keinen Ort innerhalb navarrianischer Grenzen gibt, an dem du jemals deine Wurzeln schlagen, deinen Anker auswerfen konntest.

Seit du denken kannst, verläuft dein Leben schnell und unbeständig. Heute hier, morgen dort - so viele Menschen, denen du schon die Hände geschüttelt hast, so viele Namen, die du schneller wieder vergessen hast, als dass sie dir genannt wurden. ”Junge, lass’ dir niemals in die Karten schauen.” - der laut ihm wichtigste Hinweis, den dein Vater dir fürs Leben jemals würde geben können - er erklärt die Undurchschaubarkeit deiner Familie, die ständigen Standortwechsel, vielleicht auch ihren Reichtum. Fehlte nie an Essen auf dem Tisch, nicht an warmer Kleidung, erst recht nicht an Statussymbolen - nur an Liebe, Wärme, Zufriedenheit - Zuhause.

Dein Vater? Politischer Berater, irgendwann einmal in den Reihen des Königs tätig gewesen, bevor er wie viele Andere seinen Stand verlor. ”Wahnsinniger, alter Sack”, pflegt er zu sagen - zumindest habe ihm seine einstige Position ermöglicht, in den Adelshäusern Navarres gewisses Ansehen zu genießen, die Roosevelts - gern gesehen Gäste an langen, gut gefüllten Tafeln. Deine Mutter? Privatlehrerin, hast nie - abgesehen von jetzt, vom Basgiath War College - eine Bildungseinrichtung von innen gesehen. Was für ein Privileg! - oder? Hätt’ dir vielleicht dabei geholfen, Freunde zu finden, aber gibt Größeres als das - Verbündete. Dafür braucht’s keine Freundschaft.

Dein Verstand ist so scharf wie der Ausdruck auf deinem Gesicht unlesbar. Du bist… schwierig, aber zeigst es nicht immer. Die Maske des charismatischen, humorvollen Typen trägst du wie ne zweite Haut - willst du, dass man dich liebt, musst du etwas dafür tun. Herzliche Strenge, hat’s dein Vater genannt, während er mit ‘nem Stück Wildschweinhaxe im Maul die Spitzen seiner Gabel auf dich richtete und dir überm Esstisch eine weitere Lektion des Lebens erteilte. Kommst nicht weiter mit Freundlichkeit. Erinnerst dich gut, wie er im Anschluss eine Hand an sein Gesicht führte, den Zeigefinger dreimal an seine Schläfe tippte. Beobachte. Jeden. Immer. Und das hast du getan. Viel anderes zu tun hattest du ohnehin nie. Mit wem denn? Und wofür?

Reiter
22 Jahre alt
Deine Welt ist klein, denn sie dreht sich nur um dich.
Seltsam, so groß, wie dein Ego ist, sollt’ sie damit riesig sein - oder nicht? Reicht dennoch oft nur für die kleinen (Gedanken)sprünge aus und damn, würdest du das hören, würd’ dich nichts mehr auf deinem Platz halten. Bist gut darin, laut zu sein, weil du’s nicht nur gewohnt bist, händeringend jegliche Stille zu übertönen, sondern auch, weil’s dir in Fleisch und Blut übergegangen ist, dich stetig zu beweisen. Nimmst jede Herausforderung an, kämpfst jeden Kampf in voller Überzeugung, dem gewachsen zu sein. Geht nicht, gibt’s nicht, nur nicht wie ‘n Typ, der einfach mal was zum ersten Mal ausprobiert, was er nicht kann, sondern wie ‘n Idiot, der’s sich nicht sagen lässt, er könne ohne Flügel nicht fliegen.

Dir tut ‘n Riss in deinem Ego weitaus mehr weh als ein Bruch deiner Finger, deines Arms oder eines Beines - soll’n sie doch kommen, sie alle, sollen sie zweifeln; dein größter Feind bist eh du selbst, gibt niemanden, der strenger ist mit dir als du. Hast du mal wieder auf die Fresse bekommen, schlägst du beim nächsten Mal eben doppelt so hart zu, bist kein Sympath, kein guter Verlierer, dabei solltest du’s gewohnt sein, hast quasi ständig ‘n blaues Auge doch stellst sicher, dass das dein:e Gegegenüber mindestens so schlimm, wenn nicht schlimmer aussieht als du. Etwas auf dir sitzen zu lassen, passt einfach nicht zu dir.

god damn, manchild, werd’ erwachsen. Nimm’s mal hin, dass die Welt sich nicht nach deiner Nase dreht, dass nicht alles immer so ablaufen kann, wie’s dir passt. Dass du einen roten Drachen unterm Arsch hast, der noch unberechenbarer ist als du… könnt sich zwar nicht weniger fügen, doch auch für dein Umfeld unvorteilhafter nicht sein. Du und Cail - ihr seid ziemlich gleich. Engstirnig und bissig und wütend und nur die Götter wissen, worauf eigentlich. Ihr seid ‘n gutes Team, die einzige Frau, die mit meinem Temperament klar kommt, sagst du mit ‘nem breiten Grinsen auf den Lippen, denn die anderen, die tun’s einfach nicht. Hast es versucht, ehrlich, dieses guter Typ sein - doch wie war’s noch, musst du dich für ‘n Menschen verstellen, ist er nicht der Richtige? Ja, fuck it - bist gut, so wie du bist.

Die Zeit, jemand anders zu sein, ist ohnehin vorbei. Der Frage, ob du’s gern gewesen wärst, gehst du gut gekonnt aus dem Weg - in dem du einfach keinen Raum für Diskussionen lässt. Du bist da, du bist Zaïre - und wirst geliebt oder gehasst oder beides; was davon genau, ist dir eigentlich egal. Gibt nur eines, was zählt: du und was du willst, wer du bist und bleibst und die Linien, denen du folgst, mögen sie auch noch so schwammig sein.

Reiterin
31 Jahre alt
Ungestüm rasen drei Paar Kinderfüße über die Holzdielen des kleinen aber gemütlichen Wohnhauses der Familie Wallace in Samara. Warst die laute, die wilde. Die, die sich nichts sagen ließ. Die, deren Namen im scharfen, strengen Ton über die Lippen ihrer Eltern kam, weil sie's für nötig hielten, deinen Tatendrang zu zügeln. Bist das älteste Geschwisterkind, das Vorbild. Diejenige, an der die anderen sich orientieren werden, ein Leitbild, und solltest mit gutem Beispiel voran gehen. Hast viele Jahre weder verstanden, was das bedeuten sollte, noch irgendetwas von den Pflichten, die deine Eltern dir auferlegten, ernst genommen. Rein zum einen Ohr, raus zum anderen. Hattest deinen eigenen Kopf, eine sehr genaue Vorstellung davon, wie du dir das Leben vorstellst - bist nicht die Erwachsene, nicht die Vernünftige. Hast dir schon damals trotz mehrfacher Warnung die Splitter in die Füße gehauen und die Knie aufgeschlagen, bist das Risiko eingegangen. Hast dich als dumm und unbelehrbar bezeichnen lassen, obwohl's schon immer Mut und Entschlossenheit waren, die in deiner Brust brüllten, stolz wie ein Löwe.

Hast deinen Willen nie brechen lassen von sinnlosen Ansprüchen - deine Eltern haben schnell gelernt, dass das Feuer in deinem Inneren nur schwer zu zähmen ist. Sie haben dich sein lassen, wer du bist. Immerhin in einer Sache wurdet ihr euch früh einig: eine Persönlichkeit wie deine würde in den Reiterquadranten gehören. Dass deine Eltern diese Zukunft auch für deine Geschwister sahen - und es nicht wirklich etwas persönliches, kein individuelles Kompliment an deine Fähigkeiten, war - wusstest du oft genug zu ignorieren. Hast ihre Erwartungen als Stolz gedeutet und alles dafür getan, irgendwann einmal erfolgreich über den Viadukt zu balancieren und drei Jahre harte Ausbildung zu überstehen, um auf dem Rücken eines Drachen die Wolken zu teilen. Hast dich den Wünschen und Erwartungen deiner Eltern bereitwillig gebeugt, weil sie mal nicht dem widersprachen, wer du warst. Hast - gefühlt - zwanzig Jahre deines Lebens mit Warten verbracht, hast die Aussicht auf das Basgiath War College als Motivation gesehen, als Antrieb - hattet nie das Geld, nie die Möglichkeiten für professionelles Training, aber hast alle Möglichkeiten genutzt, bis es endlich soweit war.

Seren Wallace. Eine von vielen Kadett:innen aus gewöhnlichen Kreisen, ohne besondere, militärische Vergangenheit. Reine Weste, kein Name, mit dem man irgendetwas verbindet - war ein guter Start für dich; bist aus den Schatten ins Rampenlicht getreten und hast alle überrascht. Wurdest von einem Niemand zu jemandem. Hast dich endlich gesehen gefühlt in deinem Tatendrang, in dem Sturm, der in dir tobte, in all' der Energie, die jahrelang unverstanden blieb. Basgiath wurde der Anfang von Etwas, das eine strahlende Karriere am Himmel werden könnte - war dir von Anfang an bewusst, doch anstelle von Druck war's eher ein konstantes Gefühl der Aufregung, das dich in deinen drei Jahren Ausbildung begleitete. Damals, als du noch nicht wusstest, dass aus werden könnte einmal hätte sein können werden würde; als du nicht nur Hoffnung hattest, sondern eine klare Aussicht direkt voraus.

Unangenehm pocht es hinter deiner Stirn, wenn du versuchst, nach Fragmenten deines Lebens zu greifen, die längst in der Vergangenheit liegen. Es ist vorbei. Du bist vorbei. Die Version der Seren, die wild und ungezügelt für sich und das einsteht, was sie erreichen möchte, gibt es nicht mehr. Wird heute regelmäßig ausgebremst durch die Grenzen, die das Schicksal ihr gezogen hat. Hast du dich auf dem Rücken deines Drachen einst allmächtig gefühlt, musstest du lernen, dass du es nicht bist. Bist heute doch nicht viel mehr als der Niemand, den du nach jahrelanger Arbeit endlich abgelegt hattest; schlimmer noch, bist nur noch der Schatten des Niemands, der du einmal gewesen bist. Hast die Karriereleiter nicht bezwungen, sondern bist abgerutscht; die Sprossen war'n instabil, bist metertief gefallen, auf dem Boden der Realität aufgeprallt.

Der Anblick im Spiegel ist ungewohnt. Allen, die dich kennen, steht die Verwirrung in den ersten Sekunden deutlich ins Gesicht geschrieben, bevor ein schräges Lächeln das Weg auf und ein "steht dir" den Weg über ihre Lippen findet. Dein Inneres spiegel dein Äußeres wider: radikale Veränderung ist es, was du durchgemacht hast, radikale Veränderung ist, was auch die Anderen sehen sollen. Bist nicht mehr die Seren von Früher. Dein langes, brünettes Haar ist gewichen. War im Weg, trug zu viel der Geschichte mit sich herum, mit der es dir schwer fällt, zu leben. Die Strähnen kitzeln nicht länger deinen Rücken; gehen dir nur noch bis knapp über die Schultern. Dunkles, fades Braun weicht strahlendem Wasserstoffblond. War eine dieser Nacht und Nebel-Aktionen, die niemand hinterfragt. Auch du selbst nicht. Hast dir selbst auch im Nachgang nicht die Gelegenheit gegeben, zu hinterfragen, ob's dir steht. Ist dein neues Ich. Konntest dir in vielerlei Hinsicht nicht aussuchen, wer du bist, kannst nicht zurück. Auch bei dieser, der am bisher wenigsten verhängnisvollen, Entscheidung nicht. Klingt endgültig, doch bist deiner neuen Erscheinung nicht hilflos ausgesetzt - gibt einen großen, bedeutenden Unterschied: hast sie, wenn auch nicht in vollem Bewusstsein, für dich selbst getroffen.

Reiter
22 Jahre alt
”Samael!”
Es ist die Stimme deiner Mutter, die ermahnend durchs Wohnzimmer peitscht. Hörst sie nur irgendwo in deinem Hinterkopf, gut vergraben hinter den bunten Bildern, die deine Fantasie vor dein inneres Auge zeichnet. Du breitest die Arme aus; sie werden zu Flügeln, und die Holzdielen zu deinen Füßen zu einer Miniaturvariante der Welt, die du sonst nur vom Erdboden aus erkunden kannst. Reiter werden, ein Gedanke, der sich schon früh in deinen Kopf schlich - und der ebenso schnell wieder ausgetrieben werden sollte. Das Familiengeschäft weiterführen, würden deine Eltern als Variante, in der du dein Leben gestaltest, bevorzugen, sie würden auf dich einreden, dir Hausarrest erteilen, dich nach der Schule beschäftigt halten, damit du gar nicht erst auf die Idee kämst, für den Reiterquadranten zu trainieren. Warst schon früh Rebell, hast dich aufgelehnt, nicht nur gegen deine Eltern. Gegen Lehrer, gegen gesellschaftliche Konventionen; doch warst dabei seit jeher so charmant, dass man dir kaum lang böse sein konnte. Samael, der mit dem schrägen Grinsen und dem frechen Leuchten in den Augen. Samael, der, der’s immer nur gut meint.

Hast du dir etwas in den Kopf gesetzt, ziehst du’s durch. Bist so ansteckend, dass es dir leicht fiel, Menschen um dich zu scharen. Bist gute Gesellschaft, ein Typ zum Pferde stehlen. Der mit den guten Ratschlägen und dem milden Lächeln, wenn’s mal so richtig scheiße läuft; der mit der starken Schulter und dem aufbauenden, vorsichtigen Nicken. Aufstehen, Dreck von der Hose klopfen, Weitermachen. Ist nicht nur die Devise, die du allen einzubläuen versuchst, du bist diese Worte, lebst sie, mit jeder Faser deines Seins. Kein Sturz zu tief, um sich nicht abzufangen, keine Schatten zu dunkel, um sie nicht vom Licht der Sonne vertreiben zu lassen. Bist das Klopfen auf die Schulter, wenn’s richtig scheiße läuft und der Rückenwind derjenigen, die kurz vorm Fall stehen. Eine Stütze, eine Konstante. Das Leuchtfeuer in der Nacht. Kaum ein Wunder, dass die Menschen dich schätzen, dein Freundeskreis wächst mit jedem Schritt, den du dich wohin-auch-immer bewegt.

Klingt nach einem anderen Samael, über den man all’ diese Dinge gesagt hat. Nach zwei Jahren im Reiter:innenquadranten lässt sich der Mensch, der einst mit erwartungsfreudigem Grinsen über den Viadukt lief, nicht mehr wiedererkennen. Du bist verbissen, dein Lächeln ist schmal. Deine Augen meist müde, von dunklen Rändern umzeichnet. Du hast dich verändert und dementierst es nicht, warum auch, ist nicht zu leugnen, dass der Samael, der im Wohnzimmer seines Elternhauses Drachenreiter spielte, nicht mehr ist. Wer kann bleiben, wer er war, wenn er all’ die Scheiße gesehen hat, die im Reiter:innenquadranten vor sich geht? Ist dein Standard geworden, dieser Satz, und doch ist da mehr, etwas nicht Greifbares, das dich verändert hat. Alles wie immer, die Leere in deinen Augen nur die logische Konsequenz des Lebens, das du gewählt hast… oder?

Reiter
22 Jahre alt
Du bist nicht wie dein Vater. Und das ist schwierig und erleichternd zugleich. Renar Delvarn - ein Mann; ein Wort - ein tyrrischer Diplomat, der vor 5 Jahren ohne Zweifel in der Blüte seiner Karriere stand. Nur einer von vielen, der sich an den chaotischen Zuständen der Rebellion bereicherte. Dass er heute am Leben ist und deine Arme nicht von schwarzen Linien gezeichnet sind, verrät: deine Familie stand auf der richtigen Seite des Aufstands. Beißt die Zähne fest zusammen, bis dein Kiefer sich versteift und schmerzt. Richtig, was heißt das schon?

Deine Freunde wurden in alle Himmelsrichtungen fortgetragen. Verteilt auf Pflegefamilien, hast sie ziehen lassen ohne ein Wort, hattest keine Wahl. Warst keiner von ihnen, kein Rebell, kein Verräter - einer von den Guten, du hörst die Stimme deines Vaters noch immer, nicht einmal die Flucht nach Basgiath half, sie und den strengen Beiton, der ihr unterliegt, loszuwerden. Es gibt nichts, was du hättest tun können, warst selbst noch ein dummer Teenager, ein Kind. Keiner, der die politischen Spielchen spielt, nicht wie dein grausamer Vater, der mit einem Lächeln auf den Lippen an Spitze eines Haufens Opfer hauptsächlich eines sah: seine Chance auf Macht und Erfolg.

Du bist zerrissen. Weißt nicht, wer du bist und schon gar nicht, wer du sein willst. Hast dein Leben in einer wohl behüteten Blase verbracht, keine Probleme, keine Sorgen. Bis die Rebellion Tyrrendor auseinander riss - und damit auch deine Freunde und dich. Heute, sechs Jahre später, ist aus dem Sohn eines Diplomaten der potenzielle Erbe eines Herzogtums geworden, und der Junge, der nie erwachsen sein wollte, der… tja, ist‘s noch immer nicht, obwohl da all‘ diese Ansprüche an ihn sind. Du versuchst es. Wirklich. Aber willst eigentlich nichts von dem, was dich erwartet. Keine Verantwortung, keine sorgsam organisierte Ehe - keinen Titel und keine Zukunft, die in die Geschichtsbücher eingehen wird.

Du fliehst, machst seit Jahren eigentlich nichts anderes mehr. Erst ins Training, dann in den Quadrant des Reitens - aber auch das ist irgendwie nur ein für dich gemachter Plan deines Vaters, wie alles, was in deinem Leben stattfindet. Du bist wütend, traurig, frustriert - aber kannst es nicht greifen, versteckst es hinterm Vorhang aus Sarkasmus, Arroganz und einer Coolness, die irgendwie nie so ganz überzeugt, wenn man sich die Mühe macht, dich besser kennenzulernen. Was - Überraschung - kaum jemand tut.

Reiterin
20 Jahre alt
Hier kommt Inez! könnt’ eigentlich sowas wie dein Schlachtruf werden, wer weiß, vielleicht versucht du’s einfach: trainierst allen an, dich genauso zu begrüßen, dich anzukündigen, damit jeder den Kopf in Richtung Türe dreht, wenn du den Raum betrittst. Eigentlich hast du’s gar nicht darauf abgesehen, sämtliche Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen, passiert ganz automatisch, dass du häufig eine der lautesten Stimmen im Raum bist, dass dein Lachen an allen vier Wänden widerhallt und andere sich fragen, wer, bei den Göttern, eigentlich der aufgeweckte Blondschopf ist, der mit seiner Art die Sonne n bisschen heller scheinen lässt. Ist kein Problem für dich. Du bist laut, offen, quirlig - und siehst einen großen Vorteil daran: Wirst häufig unterschätzt, nicht ganz ernst genommen, deine Worte nicht für voll. Gibst du eigentlich viel auf das, was deine Eltern dir raten - sie haben immerhin ne Menge Lebenserfahrung, vertraust ihnen, weil sie für dich die metaphorischen Kastanien aus den Flammen holen - ignorierst du diese eine Lektion besten Gewissens: Dir ist’s egal, ob man dich auf den ersten Blick ernst nimmt, ob vom ersten Moment an Autorität versprühst, die andere erzittern lässt. Das Ergebnis ist, was zählt - und das ist im für den Anderen schlimmsten Fall so tödlich, wie du’s im Training gelernt hast.

Du bist zu lieb für das hier. Schätzt Menschen, Tiere, jedes verdammte Insekt, das deinen Weg kreuzt (außer Mücken - ernsthaft, wer mag die denn?). Hast immer, wenn du allein bist, irgendein Lied auf den Lippen, sprichst laut aus, was du denkst, und denkst eigentlich immer irgendetwas, so richtig still sein kannst du nie. Bist ein Sturm - aber kein Hurricane, der Bäume entwurzelt und Dächer abdeckt, sondern das erlösende Gewitter mit Regenschauer nach nem langen, viel zu heißen Sommertag. Gewaltig, erfrischend, gewaltig erfrischend. Du auf dem Rücken eines Drachen? Das kann sich niemand vorstellen, der dich nicht kennt, aber wer’s tut, wird sich fragen: Wenn nicht sie, wenn nicht Inez - wer eigentlich dann? Nur das Reiterschwarz - das wird dir niemals stehen; so ganz wortwörtlich gemeint. Ist nicht deine Farbe… weil’s eben keine ist. Schwarz - die Abwesenheit von Licht. Nichts könnte weniger dein Ding sein als das.

Hinter der Fassade versteckt sich eine junge Frau, die einiges versteckt - könnte man sagen, wenn’s tatsächlich etwas derartiges zu erzählen gäbe. Aber: Du bist einfach du, ungeschminkt und offen. Da ist kein Trauma unter der Maske des aufgeweckten Sonnenscheins, keine Zweifel unter deiner unerbittlichen Zuversicht. Reichst Menschen die Hand, weil du an sie glaubst, nicht aus Berechnung, und obwohl du stets mit Vorsicht agierst, glaubst du immer an das Gute. Nimmst das Leben auf die leichte Schulter, weil du nur eines hast, und glaubst daran, dass die Dinge sich fügen werden - wie könnten sie nicht, bei einer Vielzahl von Göttern an deiner Seite? Dennoch, Optimistin bist du nicht, eher Realistin - musst du ja auch, bist es der guten Bildung und all’ der Anstrengung, die du in Hausarbeiten und Klausuren gesteckt hast, irgendwie schuldig; bist ein bisschen zu smart, um naiv zu sein. Schlussendlich hilft ja eh nur eines: Alles nehmen, wie’s kommt, die Dinge einfach denken, egal, wie kompliziert sie sind. Ansteckend, Leuchtfeuer, Waldbrand sein. Liebst es, Menschen mitzureißen. Gut, dass du’s kannst.

Reiter
51 Jahre alt
Staffelführer. Schwarmführer. Geschwaderführer - all‘ dein Potenzial verschwendet. Bist in all‘ den Jahren nichts davon geworden, schaust in den Spiegel und siehst einen Mann, der stets nur hätte sein können, aber nichts und niemand geworden ist. Fristest dein Leben heute als Lehrkraft innerhalb der Mauern deiner ehemaligen Ausbildungsstätte, siehst angehenden Reiter:innen tagtäglich dabei zu, wie sie mit ihren faulen Ärschen von den Rücken ihrer Drachen gleiten, als versuchten sie sich nicht an den einfachsten Manövern, die das kleine Einmaleins des Luftkampfs zu bieten hat. Es mag so klingen, aber bist nicht frustriert. Hast deinen Job lieben gelernt. Das hoffnungsvolle Glänzen in den Augen der Rookies, das tägliche Ratespiel, welche deiner Kadett:innen, wie du sie mit einem Augenzwinkern nennst, wohl heute auf der Liste derer stehen, die keinen Fuß mehr auf das Flugfeld, keinen Fuß mehr irgendwohin setzen. Erkennst dich selbst in der geballten Arroganz des Haufen Jungspunde, die ihr Gefieder spreizen und tiefer fallen, als die Götter sie aufzufangen bereit sind. Oh, du bist nicht gehässig. Lässt dich nicht gern davon betrüben, das nächste Talent bei Malek zu wissen - und lässt dich doch allzu gern mitreißen von der lebhaften Erinnerung daran, wie es war, selbst einer von ihnen zu sein. Jung und dumm und kopf- und ahnungslos.

Böse Zungen (die, deiner Niemand-Weiß-Warum-Eigentlich-Nicht-Ex-Frau, zum Beispiel) behaupten, du wärst all‘ das noch immer… fast - hast Falten gesammelt wie andere Abzeichen an ihren Uniformen. An deiner eigenen sind sie ausgeblieben, die wirklich wichtigen jedenfalls, solche, die etwas bedeuten. Dein Wankelmut, deine Leichtfertigkeit und deine gedankenlosen Entscheidungen - eine Kombination, die dich zum coolen, lockeren Typen macht, qualifiziert dich nicht für den Lebensweg, der dem talentierten Maverick vorausgesagt wurde. Kannst noch so überlegen sein auf dem Rücken deines Drachen, jeden Umständen trotzen, wenn du nicht dazu im Stande bist, einen kühlen Kopf zu wahren, verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen. Siehst mittlerweile ein, dass dich das nicht mehr an die Spitze einer militärischen Einheit bringen wird, aber hast auch über dich gelernt, dass anderes dir wichtiger ist. Deine Freiheit, deine Lebensfreude. Und die Möglichkeit, die Dinge auf die leichte(re) Schulter nehmen zu können.

Der Ring an deinem Finger - nur die Götter wissen, warum genau du ihn noch trägst; vermeidest den Blick auf die Hand deiner Frau, denn du fürchtest, dass sie es nicht mehr tut (zurecht) - steht für das kleine Bisschen Beständigkeit, das du einzugehen bereit warst. Nicht einmal eine Handvoll Jahre später konntest du auch diese Verbindlichkeit nicht einhalten, egal, wie sehr du dir geschworen hast, es zu versuchen. Bist zurück gekehrt zu dem Leben, das besser zu dir passt: keine Versprechen, keine Bindung; ohne Käfig, ohne Hände, die dich zähmen wollen.

Infanterie
21 Jahre alt
Zielsicher ist der Griff, mit dem du dir durch das hellblonde Haar fährst; nach seinen Strähnen greifst - und sie in pedantischer Genauigkeit zu einem Zopf flechtest. Ist früh, viel zu früh, doch du bist wach; du bist da, trägst das Abzeichen der Staffelführerin mit Stolz an deiner dunkelblauen Uniform. Du musst keinen Drachen reiten, um zu wissen, wer du bist; was du willst vom Leben. Du fühlst dich so angekommen wie selten im Leben, hier in Basgiath, hier im Junior-Jahr, nach den harten Prüfungen, die deine Ausbildung bisher für dich und deine Kamerad:innen bereit hielt. Beweist jeden Tag, dass Lady und Infanteristin keine Gegenteile sind, sondern so gut miteinander vereinbar, dass es fast aussieht wie ein Kinderspiel, wenn du beides bist. Hast dir dein Haar nicht abrasiert, läufst in deiner Freiheit weiter auf Schuhen mit Absätzen, die töten könnten, wenn’s Hart auf Hart kommt. Kannst deine Nägel im Kampf nutzen und murrst trotzdem nur selten, wenn einer von ihnen abbricht. Weinst nur, wenn’s sein muss, und dann höchstens hinter den verschlossenen Türen einer Toilettenkabine. Weil Schwach sein anders aussieht; nicht wie du; nicht wie eine Aldridge-Tochter.
Du machst Eindruck. Sehr viel mehr und gewaltvoller, als deine Körpergröße es anmuten ließe. Sie ist deine größte Schwäche und Stärke zugleich - bist nur Dank deines Namen überhaupt in den Quadranten der Infanterie gekommen, unter belustigtem Grinsen und schnalzender Zunge. Fällst heute trotz des offensichtlichen Nachteils durch keine Prüfung, widersetzt dich der Logik, du könntest weniger, nichts reißen - und trägst das Abzeichen der Staffelführerin mit so viel Stolz an deiner Uniform, dass deine Erscheinung unübersehbar hell durch den Quadranten strahlt. Würde andere stolz machen, den Zweifeln zu trotzdem, doch du hasst es, das Obwohl und Trotzdem, den überraschten, dann anerkennenden Blick auf deinen Rang. Wärst lieber nur talentiert anstatt talentiert, trotz - kennst keinen anderen, der reduziert wird wie du, und dich macht’s nicht stolz, gut zu sein, für dich fühlt‘s sich ungemütlich an, als würd‘ der Schuh nicht richtig sitzen. Als könnte, dürfte er das nicht.

Fliegerin
23 Jahre alt
Ein Lächeln, das ansteckt. Haar, das mal blond, mal in allen Pastellfarben des Regenbogens strahlt. Das Herz einer Fliegerin - der Kopf einer Alchemistin. Es gibt vieles, durch das du dir in den letzten zwei Jahren im Quintant des Fliegens an der Cliffsbane Akademie einen Namen hättest machen können - doch: war gar nicht nötig, denn dein Ruf eilt dir ohnehin voraus. Oder, na ja, sind wir mal ehrlich: der Ruf deiner Familie. Wynn, irgendetwas klingelt, war da nicht was? Schon früh taucht dein Familienname in den Chroniken Poromiels auf - warte, so eine Wynn, eine Wynn, deren Urururur[...]irgendetwasgroßvater maßgeblich an der Erschaffung von Legierungen beteiligt war? War vielleicht ein Wynn, der die erste legierte Waffe in seinen Händen hielt? Jaja, kann schon sein. Legst den Kopf leicht schräg, verdrehst die Augen, fährst dir durchs Haar. Nebensächlich, wer oder was vor dir war, du willst deine eigene Geschichte schreiben. Kann schon sein, dass die meisten deiner Familienmitglieder geisteskranke Superbrains sind, die sich dem Quintanten der Alchemie verschrieben haben. Kann schon sein, dass dein Potenzial auf dem Rücken eines Greifen, dem frühen und schnellen Tod verschrieben, irgendwie verschwendet ist -

- kann schon sein, dass dich das kein Stück kümmert. Mit der Frisur fällst du an den navarrianischen Grenzen auf wie ein Leuchtfeuer in der Nacht - tja, und? Bist geboren, um zu kämpfen, nicht, um dich zu verstecken. Gibt darüber hinaus einen Haufen Dinge, den man über dich sagt, aber du hörst nicht hin. Wenn, dann nur um zu lachen und das Gegenteil zu beweisen. Wer vorschnell urteilt, verwechselt deine Leichtigkeit mit Arroganz, aber - okay, na gut, bist's vielleicht auch so ein kleines Bisschen, aber kannst es dir irgendwo auch leisten. Bist gewitzt, klug, schlagfertig und ... von all' dem ein bisschen mehr, als es gesund für dich wäre.

Aber allem voran bist du eines: echt voll in Ordnung. 'ne ganz schön treue Seele, die ihre Talente mit anderen teilt. Ganz und gar nicht abgehoben (doch, ein bisschen) - aber so richtig nur, wenn du auf deinem Greif durch die Lüfte fliegst. Dann eben wortwörtlich. Freund:innen schätzen dich vor allen Dingen wegen einem: den Sonnenschein, den du in ihre Leben bringst, deine bissige Zuversicht, den Glanz in deinem Augen, dem immer eine gewisse Herausforderung inne wohnt.

Reiterin
24 Jahre alt
Behutsam nimmt deine Mutter deine zitternden Hände in ihre eigenen. Der Klang deines Namens auf ihren Lippen legt sich wie Seide um das Chaos in deinem Kopf. Dicke Tränen der Wut rollen deine Wangen hinab, dein ganzer Körper bebt mit jedem unsteten Atemzug. Was du anfasst, machst du kaputt. Wortwörtlich. Du bist grob. Keinen Knoten können deine Finger formen, ohne das Seil zu zerreißen, kein Loch in deinen Socken stopfen, ohne dass es noch größer wird. Wünscht dir, es wäre anders. Feine Handarbeiten sind nichts für dich, doch dir fällt’s schwer, das zu akzeptieren. Es endet immer gleich: in spontanen Ausbrüchen, in Zerstörung. Ein spontaner Impuls, ein wütendes Schnauben. Und der Frage: Warum bin ich so? Warum bist du nicht anders? ”Ottilie”, rollt noch einmal von den Lippen deiner Mutter, dann legt sie ihre Arme um dich, zieht dich an sich. Du bettest deine Wange an ihre Brust. Lässt los. Du bist zu alt, um in den Armen deiner Mutter schamlos zu weinen, doch du tust es. ”Ich wär’ so gern jemand anders”, presst du zwischen aufgeregten Atemzügen hinaus und spürst, wie du dich langsam verlierst. ”Aber wieso denn?”, liebevoll führt sie ihre Hand über deinen Rücken. So liebevoll, wie du es niemals könntest. ”Du musst nur lernen, dass es ausreicht, du selbst zu sein.” - ja, nur das. Wenn’s denn so einfach wäre.

Kies knirscht unter deinen Stiefeln, als du den Innenhof der Zitadelle durchquerst. Ein normaler Nachmittag, der einem normalen Morgen folgt. So normal, wie das Leben eben sein kann, wenn man vor wenigen Wochen von einem orangefarbenen Dolchschwanz gebunden wurde. Vier Monate Basgiath War College liegen hinter dir - du hast sie überlebt. Besser noch: Die meisten haben mittlerweile gelernt, dass sie sich nicht mit dir anlegen sollten. Erhobenen Hauptes bewegst du dich durch den Reiter:innenquadranten, zielstrebig und aufgeschlossen - doch an diesem Tag ist’s anders. Wärst nie für einen verletzten Vogel stehen geblieben, doch an diesem Tag hast du’s getan. ”Wartet.”, hast du den Kadett:innen deiner Staffel zugerufen, bevor deine Füße dich wie automatisch in seine Richtung getragen haben. Blut klebt an seinem schwarzem Gefieder, seine Atemzüge sind flach. Ein beruhigender Laut kommt zwischen deinen Lippen hervor, als du vorsichtig eine Hand auf seinen verletzten Rumpf legst. Unter dir zuckt das Tier - fuck; hast ihm den Todesstoß versetzt, ganz sicher, doch dein Herz rennt nicht, es bleibt ruhig. Ungewöhnlich ruhig. Spürst Wärme durch deine Hand gleiten, eine kribbelnde Sensation, und Sìon, die Orangefarbene - brüllt oben in der Luft, hoch oben über den Wolken, auf. ”Heilmachen.” Du merkst erst, dass du das Wort laut ausgesprochen und nicht nur gedacht hast, als der Vogel schlussendlich - quietschfidel - in die Lüfte aufsteigt. Heilmachen. Heilige Scheiße.

Du bist keine Waffe. Keine Naturgewalt. Du findest: deine Siegelkraft passt nicht zu dir. Dabei tut sie’s - und wie - du weißt es, und genau deswegen fühlt’s sich falsch an. Bist es nicht gewohnt, dass die Dinge einen Sinn ergeben, sperrst dich gegen die Macht, die dich für das Militär ungewöhnlich wertvoll macht. Hättest gern Feuer beschworen oder deine Gegner in Eisskulpturen verwandelt, stattdessen beginnt deine Zeit erst, sobald das Kampfgeschehen abgeflacht ist. Aber: du willst dabei sein. Hast das Gefühl, dabei sein zu müssen. Der Drang, relevant zu sein, ist der Kraftstoff zu dem Motor, der dich antreibt. Du brauchst den Nervenkitzel der Schlacht und das Gefühl, sinnvoll zu sein, etwas auszurichten - und du wirst lernen, dass das nicht immer bedeutet, Schaden anzurichten.
Die praktische Einheit deiner Ausbildung ist… eigentümlich: Eine Kadettin in einer Staffel zu stationieren, die sich selbst den Namen Suicide Squad gibt, klingt wie ein schlechter Scherz - einer, der dir nicht nur zeigen würde, was es bedeutet, im Team zu spielen, sondern er würde auch dein Schicksal besiegeln.

Das Leben ist nicht kalkulierbar, wenn man an der Seite eines Drachen steht. Besonders dann nicht, wenn er orangefarben ist und dir selbst an Temperament in nichts da steht. Zersha Tharavyn wird nicht nur deine Staffelführerin - sondern sie ist auch die Reiterin des Drachen, den Sìon für ihr Bündnis wählte. Heilige Scheiße. Irgendwie awkward, gelinde gesagt, weil diese Frau dir nicht nur lange Zeit ne Heidenangst eingejagt hat, sondern auch, weil ständig ihre negativen Vibes zu dir herüber strömen. Und schlussendlich hättest du dir besseres vorstellen können, als direkt nach deiner Ausbildung den lieben, langen Tag in waghalsigen Aktionen dein Leben in Samara zu riskieren - und dabei, so ganz nebenbei, das deiner Staffelmitglieder zu retten als wär’s nichts. Bist die perfekte Ergänzung in den Reihen eines Squads, der sich gern kopfüber in die Schlacht schmeißt, ab durch die Wand, ganz so, wie du’s kennst. Ganz so, wie du’s immer wolltest.

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based on "the empyrean"-series by Rebecca Yarros